Auszüge aus der Laudatio zur Jubiläumsausstellung "SEHWEISEN" 2016 in der Kunsthalle "Harry Graf
Kessler" (Weimar)
Sehr persönlichen Natureindrücken ein Gesicht, diesen durch Farbe eine Stimmung zu geben und das sogenannte "Sehen können" und nicht "Abbilden wollen", ist
vielleicht das Wichtigste für Barbara Wuttke-Jährling bei ihren Bildkompositionen, die nicht in der unmittelbaren Naturkonfrontation, sondern immer im Atelier und in ihrer Fantasie entstehen.
Dazu inspirieren lässt sich Barbara Wuttke-Jährling durch ihren weiten und heimatnahen Blick auf Thüringen und beim Durchlaufen und Einatmen ihrer Zauberinsel Rügen, von all den hier und dort
fließenden Übergängen zwischen Wolken, Horizont und Landschaft. Dieser tägliche und sehr persönliche Ausblick auf eine Landschaft, auf den hohen Himmel, das Beobachten ständig wechselnder
Himmels- und Stimmungsbilder, das Entstehen von Nebelfeldern und Wolken, die häufig nahtlos ineinander übergehen und die sich daraus ergebende Farbharmonie, die das sich ständig verändernde Licht
auf Wolken und Landschaft eint, all diese Eindrücke finden sich in ihren Landschaftsimaginationen wieder. Der Betrachter wiederum entscheidet und empfindet, was er, entsprechend seinem
Temperament und seiner Persönlichkeit, in einem Bild sieht und (wieder-)erkennt.
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Dieses oben erwähnte "Sehenkönnen" ist somit auch für ihn ein physiologischer Prozess der reinen Bildwahrnehmung, sondern ein "Sehen" mit seinem inneren Auge das sowohl ihn als auch die
Künstlerin befähigt, vordergründig reale Bildkompositionen in emotionale zu übersetzen. Dies setzt bei der Künstlerin nicht nur den Blick für
Bildaufbau und ein sicheres Farbgefühl voraus, sondern auch große künstlerische Sensibilität, Kreativität und Vorstellungskraft, die in allen
Bildkompositionen von Barbara Wuttke-Jährling sichtbar werden. Ihre Werke lassen Raum für Assoziationen, beflügeln die Fantasie, schaffen sich selbst
ein Bild aus der Fülle von Formen
und Farben: ein in Licht schwebender Wald, eine von Licht und Luft durchdrungene Landschaft oder erdige, stofflich amorphe Gebilde von geheimnisvollem Aussehen und wuchernder Kraft in ihren
Textilbildern. Ahnungen von Blumen, Feldern, menschlicher Architektur (Schild, Pfosten, Feldscheune) … aber auch sinnenhafte Körperformen, verschlüsselt und doch erahnend verhüllt, in zarten,
weichen, warmen fließenden Formen von fragiler Transparenz oder dunkler schwerer Stofflichkeit, Bildmetaphern weiblicher Inspirationskraft.
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Ihre Naturschilderungen und die kleinen Winkel, auf die sie uns meist etwas erhöht blicken lässt, können als Stillleben gelesen werden, als
stillgelegte Zeit. Offensichtlich ist sie mit dem Zustand, der gerade vorherrscht, sehr zufrieden. Ihr Malduktus: Kein großflächiger Farbauftrag,
hier reihen sich Farbfläche an Farbfläche und geben so, die Impressionisten zitierend, eine Leichtigkeit, eine Impression wieder, genau für diesen
einen Augenblick, in dem diese unglaubliche Stille herrscht in den Bildern. Diese Stille, diese Ruhe und Unaufgeregtheit werden noch unterstützt von der Methode, wie die Künstlerin Licht einsetzt und wie sie ihren ganz persönlichen Ausblick über/auf die Landschaft wählt. Und
dieser Anblick, dieser von der Künstlerin immer bewusst eingerahmte Bildausschnitt bis
zum Himmel oder Horizont, machen ihre Landschaftsbilder für mich auf unaufdringliche Weise zu stillen Meditationsorten, in denen der Mensch nicht
fehlt, sondern final als Betrachter nur davorstehen muß, um somit Teil der Komposition zu werden. Der Blick weitet sich, wir scheinen
über diesen Landschaften zu schweben und lassen uns "vom Spiel der Farben und Formen berauschen“.
Patrick Bialdyga (Oper Leipzig)
Die Kulturfabrik in Apolda präsentiert momentan eine Ausstellung zu Horst Jährling. Wir erinnern uns gemeinsam mit Familienmitgliedern und langjährigen Wegbegleitern an das Leben und Wirken des Alleskönners und -Künstlers.